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Überblick zur BAV-Tagung und Mitgliederversammlung 2004 in Göttingen

Gerd-Uwe Flechsig und Werner Braune

Zur BAV-Tagung

Vom 24. bis 26. September 2004 fand ein Jubiläum statt: Die 20. BAV-Tagung, wie üblich zusammen mit der Mitgliederversammlung. Die erste BAV-Tagung war 1966 in Recklinghausen. Die zweijährliche Veranstaltung wurde dieses Mal an der Volkshochschule in Göttingen durchgeführt und war von Thorsten Lange gut vorbereitet und vortrefflich organisiert. Von vielen Teilnehmern hörte man: "Gelungen, gut gefallen...". Es war nicht zu orten, woran das eigentlich lag; schließlich möchten wir alle Tagungen stets gut machen und bräuchten eigentlich konkretere Hinweise.

Bereits am Vorabend gab es im Kreis der vielen, schon anwesenden Teilnehmer rege Diskussionen. Die Möglichkeiten, sich an andere Plätze zu setzen, förderten individuelle Gespräche sehr. So konnten auch seitens des BAV-Vorstands notwendige Fragen mit einzelnen Teilnehmern gut besprochen werden.

Die Leitung der Tagung und auch der Mitgliederversammlung übernahm Gerd-Uwe Flechsig. Es war sozusagen sein Debüt.

Vor 36 Teilnehmern präsentierten ein Fachastronom und neun Amateure ihre aktuellen Arbeiten auf dem Gebiet der veränderlichen Sterne. Bedauerlicherweise fiel der Vortrag von Bela Hassforther wegen beruflich bedingter Abwesenheit aus. Der Schwerpunkt der Beiträge lag diesmal bei der Organisation der Amateurarbeit und der effektiven Auswertung von Beobachtungen unter Nutzung moderner Datenverarbeitung.

Am Anfang stand Dr. Klaus Reinsch von der Universitätssternwarte in Göttingen mit dem traditionellen Fachvortrag. Er beschäftigt sich beruflich mit kataklysmischen Veränderlichen. Sein Vortrag Was verraten Lichtkurven über die Natur kataklysmischer Veränderlicher? gestattete nicht nur einen Einblick in seine alltägliche Arbeit. Er lieferte auch wertvolle Anregungen für die BAV-Arbeit, die in der BAV Sektion "Kataklysmische und Eruptive" geleistet wird. Nach einem kurzen Ausflug in die Entdeckungsgeschichte gab Herr Dr. Reinsch einen Überblick über die Typen der kataklysmischen Sterne (Novae, Zwergnovasterne usw.). Dann erklärte er unterschiedliche Modellvorstellungen wie Doppelsterne, die in Wechselwirkung stehen, Materieübergänge, Akkretionsscheibe und nukleare Zündung auf der Oberfläche weißer Zwerge. Nach einem Abstecher zu sich gegenseitig bedeckenden Systemen stellte der Vortragende schließlich noch Magnetische Eruptive vor. Diese können als intermediäre polare mit einer unterbrochenen Akkretionsscheibe ausgestattet sein. Bei den polaren magnetischen Kataklysmischen fehlt letztere gänzlich.

Nebenbei wurde später die folgende Bemerkung von Bedeckungsstern-Beobachtern gehört: "Das (die "Eruptiven") sind ja auch Bedeckungsveränderliche!" Für Thorsten Lange war der Vortrag Anlass, seinen Sektionsbereich nur noch "Kataklysmische" zu nennen.

Den Reigen der Amateurvorträge eröffnete Gisela Maintz aus Bonn. Sie verbindet im Rentenalter ihr Hobby auf einzigartige Weise mit ihrer Berufung, indem sie nach erfolgreichem Physikstudium noch ein Promotionsvorhaben zum Thema RR-Lyrae-Sterne durchführt. Das Promotionsvorhaben stellte sie in ihrem Vortrag Die RR-Lyrae-Sterne und ihre Bahnen in unserer Milchstraße dar. Darin ging es um Bahndaten dieser pulsierenden veränderlichen Sterne und die daraus erfolgte Rückberechnung ihrer Bahnen in den letzten 10 Mrd. Jahren. Überraschenderweise gibt es auch im Halo der Milchstraße sehr viele RR-Lyrae-Sterne.

Der etwas längere Fußweg zur Universitäts-Mensa tat sicher allen gut, auch wenn ein Gruppenfoto vorher noch möglich gewesen wäre. Nach dem Essen konnten die Teilnehmer die Zeit und den Rückweg nutzen, ihre Schritte durch die schöne Innenstadt von Göttingen zu lenken.

Statt eines Fotos hier die Namen der Tagungsteilnehmer:

H. Achterberg, F. Agerer, D. Bannuscher, K. Bernhard, H.-J. Bode und Frau, W. Braune, B. Brauner, H.-G. Diederich, G.-U. Flechsig, P. Frank, W. Grimm, P. Hoffmann, J. Hübscher, H. Jungbluth und Frau, G. Krisch, B. Kunzmann, Th. Lange, G. Maintz, G. Monninger, D. Niechoy, R. Obertrifter, W. Quester, K. Rätz, M. Rätz, W. Renz, M. Schabacher, D. Scharnhorst, M. Scheel, J. Schirmer, U. Schmidt, U. Schmidtmann, F. Vohla, F. Walter, W. Wenzel, M. Wischnewski.

Joachim Hübscher referierte nach der Mittagspause über die Lichtenknecker-Database of the BAV. Der Sternfreund Dieter Lichtenknecker hinterließ uns als Vermächtnis die von ihm begründete überaus umfangreiche Datenbank (es sind rd. 127000 Minima von 1906 Sternen) und Literatursammlung zu bedeckungsveränderlichen Sternen. Die BAV, die diesen Nachlass verwaltet, hat die Datensammlung in Gestalt einer CD-ROM herausgegeben. Der Datenträger gestattet es jedem Interessierten, auf seinem Rechner mit der Datenbank zu arbeiten.

Frank Walter setzte als neuer Sektionsleiter für Bedeckungsveränderliche die Ausführungen zur Lichtenknecker-Database of the BAV fort. Er informierte die Anwesenden, dass die Betreuung dieser Sammlung nun in seine Hände übergegangen ist. Die Datenbank war über viele Jahre von Franz Agerer gepflegt worden. Die Art und weise der Datenerfassung ist allerdings recht aufwendig und nicht mehr zeitgemäß. Daher ist geplant, hierfür eine moderne Softwarelösung zu schaffen. Auf Anfrage werden Interessenten von ihm gerne mit aktuellen Informationen zu einzelnen Bedeckungsveränderlichen versorgt.

Dietmar Bannuscher informierte anschließend über die Aktivitäten der BAV als Fachgruppe der VdS. Als Fachgruppenredakteur des VdS Journals ist er ständig aktiv auf der Suche nach Artikeln über veränderliche Sterne. In der Regel gelingt es ihm, in jedem Heft mehrere Artikel über Veränderliche unterzubringen. In Heft 9 gestaltete die BAV das Schwerpunktthema „Veränderliche Sterne“. Das Internetportal Astronomie.de wird von ihm ebenfalls mit BAV-Beiträgen versorgt.

Auch bei bedecktem Himmel lässt sich Veränderlichenastronomie betreiben, wie Gerd-Uwe Flechsig in seinem Beitrag Visuelle Auswertung von Stardial-Aufnahmen am Beispiel von SZ Mon zeigte. Zunächst stellte er das Stardial-Projekt kurz vor. Dieses besteht aus einer vollautomatisch arbeitenden CCD-Kamera mit 50 mm-Objektiv. Die Aufnahmen eines 8° breiten Himmelsbandes südlich des Himmelsäquators werden zeitnah im Internet zur Verfügung gestellt. Anhand von Aufnahmen aus den Jahren 1997 bis 1999 zeigte der Vortragende, wie ein Beitrag zum umstrittenen Veränderlichen-Typ und der Periodendauer des Sterns SZ Mon geleistet werden konnte. Der Stern gehört demnach wahrscheinlich zur Klasse der RV Tauri Sterne und besitzt eine Periode von 32,67 Tage.

Wolfgang Quester ging in seinem Vortrag Veränderliche entdecken, beobachten ... und dann? der Frage nach, wie im Zeitalter der automatischen Himmelsüberwachung im Rahmen von „Surveys“ mit Neuentdeckungen umzugehen sei. Diese Projekte erleichtern die Neuentdeckung von Veränderlichen durch „data mining“ ungemein. Gab es früher noch die Möglichkeit, die Katalognummer des als veränderlich erkannten Sterns an das japanische Veränderlichen-Internetportal VSNET zu senden, so bietet sich heute die Veröffentlichung im Information Bulletin on Variable Stars (IBVS) an. Dieses professionelle Periodikum stellt jedoch höhere Ansprüche. Insbesondere soll das data mining systematisch geschehen und die Mitarbeiter des Survey Teams als Mitautoren dabei sein. Wolfgang Quester erinnerte daran, dass es in Gestalt einer großen Zahl von lange bekannten, aber vernachlässigten Sternen auch für visuelle Beobachter noch viel zu tun gibt.

Im Beitrag Achtzehn Monate digitale Lichtkurvenblätter schilderte Joachim Hübscher anschließend die sehr erfreuliche Entwicklung eines Projektes zur EDV-mäßigen Erfassung von neuen Lichtkurven und der Digitalisierung der seit dem über 50jährigen Bestehen der BAV im Karteikartenformat vorliegenden Sammlung von Lichtkurvenblättern. Schon jetzt werden 80 Prozent der BAV-Ergebnisse in elektronischer Form eingereicht. Dies erleichtert die Weiterverarbeitung in den BAV-Sektionen ungemein. Mehr als zwei Drittel des Lichtkurvenarchivs wurden von Dietmar Bannuscher und Markus Schabacher gescannt. Diese Daten können Interessenten auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden.

Thorsten Lange berichtete über BAV Rundbriefe und Datenbanken auf der BAV Homepage. Sein Beitrag beschäftigte sich mit der Präsentation bzw. Bereitstellung von BAV-Beobachtungen und Artikeln aus dem BAV Rundbrief im Internet. Dabei handelt es sich um zwei Datenbanken, mit deren Entwicklung vor kurzem begonnen wurde. Beide Datenbanken sind mit einer Suchfunktion ausgestattet. Die gesammelten Einzelbeobachtungen lassen sich in Gestalt einer Gesamtlichtkurve anschaulich darstellen. Die Erzeugung von Lichtkurven einzelner Beobachter ist ebenfalls möglich.

Zum Abschluß der Tagung machte sich Hans-Günter Diederich Gedanken über den pfleglichen Umgang mit Anfängern. Er machte darauf aufmerksam, dass es in der BAV zu wenige junge Veränderlichen-Beobachter gibt. Dies sei darauf zurückzuführen, dass viele Sternfreunde die Veränderlichen für langweilig halten. Trotz ihrer Zuordnung zum Fixsternhimmel werden die veränderlichen Sterne von der Deepsky-Szene ignoriert. Es gibt halt keine hübschen Hochglanzbilder, sondern Kurven auf Millimeterpapier. Verschiedene Gegenmaßnahmen sind denkbar: Gastmitgliedschaften, gemeinsame Aktivitäten mit anderen Fachgruppen oder ein Astronomiepraktikum. Auf jeden Fall muss dem Einsteiger vermittelt werden, dass die Veränderlichenbeobachtung sehr flexibel auf die individuellen Beobachtungsmöglichkeiten angepasst werden kann. Erfolgserlebnisse sind oft schon nach kurzer Zeit gegeben.

Zur BAV-Mitgliederversammlung

Mit nur 25 Teilnehmern fand am Sonntag die Mitgliederversammlung statt. Die Berichte des Vorstandes beschrieben die grundsätzlich gute Situation der BAV.

Die Ehrung von Heinz Schmidt mit einer goldenen BAV-Urkunde für seine seit Jahrzehnten geleistete Literatur-Arbeit für die Lichtenknecker Database of the BAV mußte durch Verlesen des Textes in Abwesenheit des Geehrten erfolgen, der sich nach einem Herzinfarkt in einer Rehabilitationsklinik befindet. Die Urkunde wurde ihm nach Berlin geschickt.

Ausführliche Berichte der Sektionsleiter stellten die zahlreichen Aktivitäten dar. Der Trend weg von visuellen Beobachtungen hin zu CCD-Messungen hält bei kurzperiodischen Veränderlichen ungebrochen an. Potentielle Einsteiger sollen in Zukunft mit Seminaren und praktischen Kursen an die Veränderlichenbeobachtung herangeführt werden.

Nach der von den Kassenprüfern vorgeschlagenen und von den Mitgliedern erteilten Entlastung wurde der bisherige Vorstand bestehend aus dem 1. Vorsitzenden Gerd-Uwe Flechsig, dem 2. Vorsitzenden Werner Braune und dem Geschäftsführer Joachim Hübscher einstimmig wiedergewählt.

Als Kassenprüfer wurden Wolfgang Wenzel, Berlin und Hans Jungbluth, Karlsruhe gewählt.

Unter dem Tagesordnungspunkt Verschiedenes wurde darüber beraten, die BAV-Tagung künftig im Winter stattfinden zu lassen. Man kam überein, den bisherigen Termin im September beizubehalten.

Als Ort für die nächste BAV-Tagung 2006 wurde Heidelberg vorgesehen. Termin wie üblich bei Vollmond.

Die Mitgliederversammlung stimmte abschließend noch einem Vorschlag des Vorstandes zu, den Referenten und Kursleitern von BAV-Seminaren und Beobachtungslagern die Kosten in angemessener Weise aus Vereinsmitteln zu erstatten.

Nach nochmaligem Dank an Thorsten Lange für die als Einzelkämpfer wirklich nicht einfache Organisation und sehr gelungene Gestaltung der BAV-Tagung endete diese bei einem gemeinschaftlichen Mittagessen mit noch vielen Teilnehmern, ehe Bahn oder Auto zur Heimreise genutzt wurden.


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