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Der Algolstern XZ And - Nichts zum Einschlafen!

Gemeinhin gelten Bedeckungsveränderliche vom Algol-Typ auch unter Veränder- lichenbeobachtern als etwas langweilig. Für ein Beobachtungsergebnis an Algol selbst braucht man schon etwas mehr als drei Stunden für die Ableitung eines Minimums und an jedem Abend ist wegen der Periode von knapp drei Tagen gar nicht zu rechnen.

Da sind die W UMa-Sterne dem Beobachter doch viel besser zugänglich mit Perioden von unter einem halben Tag und zudem mit gleich tiefem Nebenminimum. Es ist so immer einer erreichbar und bei etwa einer Größenklasse Amplitude binnen zwei Stunden beobachterisch eingefangen - von möglichen Abweichungen der Vorhersagen zum tatsächlichen Helligkeitsverhalten einmal abgesehen. Mit einem Beobachtungs- rhythmus von etwa zehn Minuten pro Schätzung ist das auch bequem zu schaffen. Kein Wunder, dass es hier viele Beobachtungsergebnisse gibt.

Aus meiner langjährigen Veränderlichenbeobachtung weiß ich, dass es natürlich unter den Algolsternen auch Delikatessen gibt, deren Beobachtung nicht zum Einschlafen geeignet ist. Man muss hier voll am Ball bleiben und den Beobachtungsabstand beim Absturz ins Minimum auf unter fünf Minuten verkürzen. Neben XZ And, Y Leo und X Tri mit Perioden um oder knapp über einem Tag gibt es auch Schnellläufer mit einer konstanten Phase im Minimum und etwas über zweitägiger Periode wie U Cep, RR Dra und RW Tau.

Am 24.9.2000 war nun XZ And bei klarem Himmel im Osten von meinem Balkon aus zur Beobachtung angezeigt. Hatte ich während der vorangegangenen Schönwetter- periode schon einige Abende der möglichen Beobachtung einiger häufiger zu erreichender Sterne zugunsten meines Privatlebens zurückgestellt, musste es heute sein. Meine letzte XZ And-Beobachtung war von 1987 - auch mit meinem C 8 vom Balkon. Wie sich zusätzlich herausstellte war im Rahmen der BAV XZ And auch schon vor 10 Jahren letztmalig beobachtet worden. Anfangs beobachtete ich nebenbei den RR Lyrae-Stern DH Peg, der früher im Maximum war.

Zu dieser Zeit war dies noch möglich, da XZ And nahe bei Gamma And leicht zu finden war: Neben einem markanten Dreieck auf der Karte der Bonner Durchmusterung (Teil der BAV-Aufsuchkarte) war er gut sichtbar. Es fing bei etwa 10.m5 gemächlich mit dem Abstieg der Helligkeit an. Der Helligkeitsverlauf umfasst etwa 3 Größenklassen: Von 10.m02 bis 12.m99 photografisch und dauert insgesamt 6,9 Stunden. Der langsame Bereich hatte also schon begonnen.

Vergleichssterne für den aktuellen Bedarf waren ausreichend vorhanden und gut sichtbar, sehr schwache für den weiteren Verlauf dagegen noch nicht. Dies stellte für mich kein Problem dar: Mit höherem Sternstand sollten schon schwächere auftauchen, die sowieso mit dem Absinken der Helligkeit des Veränderlichen dann leichter erkennbar sind, als bei einem Ausblick vorher; außerdem hatte ich ja bereits vor Jahren den Stern erfolgreich beobachtet - und so viel heller konnte die Illumination unserer Hauptstadt Berlin doch nicht geworden sein.

Aus gemeinsamen Beobachtungen mit anderen Beobachtern weiss ich allerdings, dass diese meinem Helligkeitsempfinden nicht immer folgen konnten. Auch ich hatte meine Grenzen (siehe Abbildung des Helligkeitsverlaufs): Mit dem Vergleichsstern E gab es für mich keinen erkennbar schwächeren unterhalb der Helligkeit von XZ And. Ich musste in diesem Bereich mit nur noch einem Vergleichstern schätzen.

Wer so weit nicht sehen kann oder sich nicht zutraut, Helligkeitsangaben zu machen, kommt ggf. nur bis zum Vergleichsstern C bzw. D. Ihm fehlt dann der Teil des unmittel- baren Minimums. Wie aber an der Auswertung der Lichtkurve zu sehen ist, lässt sich auch in dem höheren Bereich das Minimum genauso gut ableiten aufgrund des gut bestimmten An- und Abstiegs. Wichtigt ist aber, dass man nicht "eingeschlafen" ist und nur noch alle zehn Minuten schätzte, denn dann fehlen wesentliche Beobachtungs- punkte in der Lichtkurve.

Man muss also bei der Beobachtung solch rasanter Bedeckungen eines Hauptsterns durch den viel dunkleren Begleiter bei fortschreitender Bedeckung mit erheblichem, schnellen Lichtverlust rechnen. Selbst ich war zu langsam in der Beobachtung, weil ich meinte, ich könne doch nun nicht schon nach zwei Minuten wieder schätzen.

CCD-Beobachter und ihre Kameras wären da schneller, da diese zumeist im Rhyth- mus von einer Minute arbeiten. Nur leider machen die so ausgerüsteten Beobachter kaum solche Lichtkurven. Vielleicht denken sie, im Umfeld des eingeschränkten CCD-Chips nicht ausreichend Vergleichssterne zu finden, doch bei unter 11m sind eigentlich immer welche da. Ich kann nur ermuntern, auch hier aktiver zu werden.

Ich finde die Lichtkurve sehr schön. In Ihrer Genauigkeitsbestimmung ist sie mit einer Varianz von ca. einer Minute kaum schlechter als mit CCDs, dies aber eben nur wegen der Schnelligkeit im Sternverhalten.

Mit einer Verspätung von rd. 20 Minuten zur vorausberechneten Zeit war hinsichtlich der Periodenüberwachung hier nur eine kleine Abweichung zu erspähen. Bei dem langen Beobachtungsabstand von über 10 Jahren hätten es aber auch leicht größere Abweichungen sein können!

Die Beobachtung von XZ And ist hinsichtlich der Verteilung der beobachtbaren Minima bei seiner Periode von 1,3573181 Tagen in der Sichtbarkeits-Saison etwa alle fünf Tage mit einem beobachtbaren Minimum möglich, reine Abendsichtbarkeiten haben natürlich einen größeren Abstand.(Vorhersagen bis Ende des Jahres siehe BAV Circular, später dann BAV Circular 2001).

Dass XZ And für mich bald noch einmal günstig am Osthimmel sein wird, muss ich dem Wettergott überlassen. Aber es gibt ja noch weitere Jahre und nicht zu vergessen die anderen genannten Leckerbissen wie z.B. X Tri, der z.Z. auch einen guten Stand für mich hat.

Werner Braune

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